1955 wurde Wolfgang Heim in
Offenburg geboren. 1980 kam er zum SDR/SWR, wo er als
Redakteur, Reporter und Moderator tätig war. Seit vielen
Jahren kümmerte er sich vorwiegend um die Sendung "Leute".
Nun verabschiedet sich Wolfgang Heim in den wohlverdienten
Ruhestand, Anfang Juli 2022 treten Nabil Atassi und Jens
Wolters in seine Fußstapfen.
1. „Offenbar gibt es das Bedürfnis, einem Gespräch
zuzuhören, wenn sich zwei Leute halbwegs gesittet
unterhalten“. So steht es auf Ihrer Homepage
www.wolfgang-heim.de. Bei „Leute“ ging es fast immer
gesittet zu. Hat eigentlich jemals ein Gast eine Sendung
vor dem Ende verärgert oder beleidigt verlassen?
Es gab einige (wenige) Sendungen, die - warum auch immer –
nicht funktioniert haben. Entsprechend frostig war dann
die Verabschiedung. Hertha Däubler-Gmelin wollte mal –
lange her – das Studio verlassen, als das Gespräch auf die
Umstände ihrer Nicht-mehr-Berücksichtigung als
Justizministerin durch Schröder kam. Sie hatte Bush, den
damaligen US-Präsidenten, und Hitler in einen einigermaßen
bescheuerten Zusammenhang gebracht. Als ich ihr sagte,
selbstverständlich könne ich sie nicht daran hindern zu
gehen, dass die Außenwirkung aber möglicherweise
suboptimal sei, blieb sie dann. Die Sendung mit von
Schnitzler, dem Chefpropagandisten der untergegangenen
DDR, stand mehrmals kurz vor dem Abbruch. Und einmal habe
ich eine Sendung vorzeitig beendet – im Dezember 93 die
mit Will Tremper: Illustrierten-Heini (wusste ich).
Altnazi (wusste ich nicht). Irgendwann konnte man die
Sendung nicht mehr retten, es gab auch massive
Hörerproteste, und ich sagte ihm, dass ich nicht länger
mit ihm reden könne. Er. „War`s das?“ Ich: „Ja.“ Hinterher
erzählt sich die Geschichte übrigens großartig, die
Live-Situation aber war absolut scheußlich.
2. Sie haben vor dem Start von „Leute“ im Jahre 1985
(damals noch unter dem Namen „Gäste im Studio“) auch viele
andere Sendungen auf SDR 3 moderiert. In der Folge wuchsen
Sie immer mehr in „Leute“ (der Name tauchte erstmals 1985
im Programm auf) hinein. Wie sind Sie damit umgegangen?
Fühlten Sie sich in Ihrer Tätigkeit irgendwie
eingeschränkt oder war das genau das Format, das auf Ihre
Person zugeschnitten war?
Also erstmal habe ich vor „Leute“ fast alles moderiert,
was im Sortiment war: Außer Point die Snackbar, den Club
drei, ein paarmal Schlafrock, ein paarmal Treff nach zwei
(Wenn Holtmann wirklich keinen anderen sprechfähigen
Moderator verhaften konnte). Dann lange SDR-3-Aktuell,
irgendwann auch die Bundesliga-Sendung am
Samstagnachmittag (Der VfB wurde 1992 wurde nicht wegen
mir Deutscher Meister, aber radiotechnisch immerhin mit
mir!) Dann also Leute. Mitte der 80er Jahre durfte
jede/jeder moderieren, also auch ich. Und da habe ich
schon gespürt, dass das was für mich sein könnte.
3. 1987 stand die
Sendung kurz vor der Einstellung. „Weil sie ein
ungewöhnlich wortlastiges Format hatte, aber auch weil sie
kein klares Profil entwickelte“, so Ihr langjähriger
Kollege Stefan Siller zu den Gründen. Wie haben Sie diese
Phase erlebt und glauben Sie, dass man der Sendung auch
bei anderen Hörfunksendern (egal ob öffentlich-rechtlich
oder privat) überhaupt noch eine Chance gegeben hätte?
Ob die Sendung woanders funktioniert hätte oder ob sie
woanders auch gerettet worden wäre, kann ich nicht
beurteilen. Ich weiß nur, dass sie beim SDR damals auf der
Kippe stand. Und dass der damalige SDR-3-Chef Hans-Peter
Archner Siller und mich gefragt hat, ob wir die Sendung
übernehmen würden. Der Deal damals war, wenn ich mich
richtig erinnere: Ihr kriegt ein halbes Jahr. Wenn es
funktioniert, ist es gut. Wenn nicht, ist es auch egal,
dann macht ihr wieder Eure alten Jobs. Es hat dann
funktioniert.
4. Nach welchem Modus wurde eigentlich festgelegt, wer
mit welchem Gast ins Studio durfte/musste?
Meistens
galt das ungeschriebene Gesetz: Derjenige/diejenige,
der/die jemanden anleiert und bucht (also die Vorarbeit
hat), darf auch moderieren.
5. Sie gehen nun in den Ruhestand. Werden Sie „Leute“
bzw. dem SWR auf irgendeine Weise verbunden bleiben?
Immerhin sind Sie ja der letzte Moderator der „alten
Garde“, die schon 1980 auf SDR3 zu hören war - zusammen
mit legendären Kollegen wie Günter Verdin, Friedemann
Leinert, Rüdiger Becker, Wolf Renschke und vielen mehr.
Rein arbeitstechnisch ist meine SWR-Mitarbeit am 30. Juni
beendet. Nur Freundschaften und freundschaftliche Kontakte
existieren ja weiter; zu Friedemann Leinert
beispielsweise. Oder zu Jogi Rathfelder (Musik). Oder zu
Harald Schäuffelen (Technik). Oder zu Hans Kremer
(SDR-3-Fußball!!!). Oder zu Hartmut Volz (Fußball, Politik
und Geldanlage). Und was mich ganz besonders gefreut hat:
Die Gäste in meiner allerletzten Leute-Sendung waren
Rüdiger Becker und Thomas Roth. Zwei also, die am Anfang
ganz wichtig für mich waren. Thomas war damals, Anfang der
80er Jahre, Volontär. Rüdiger war Redaktionsleiter – und,
was ich ihm bis heute hoch anrechne, ein Mann mit
Rückgrat, der sich immer vor seine Leute gestellt hat.
Damals wie heute keine Selbstverständlichkeit.
Herr Heim, herzlichen Dank für das interessante Gespräch.
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