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Günter
Verdin, geboren 1943 in Wien, arbeitete als Redakteur
und Moderator bei SDR 3, SDR 1 ("Show-Biz!"), SWR 1 ("Der
Sonntagabend") und SWR 4 (Redaktion Kultur; Moderation des
Sonntagskonzerts). Von ihm sind eine CD und mehrere Bücher erschienen,
außerdem führt Günter Verdin Regie bei sämtlichen Bühnenproduktionen
des Kabarettisten Mathias Richling. Im September 2008 verabschiedete er
sich in den Ruhestand, der aber wohl angesichts der Vielzahl an geplanten
Projekten eher zum Unruhestand werden dürfte.
1. Herr
Verdin, Sie sind gebürtiger Österreicher. Was hat Sie seinerzeit
ausgerechnet zum Süddeutschen Rundfunk nach Stuttgart verschlagen?
Ich war zuvor Mitarbeiter beim Hörfunksender Ö3, schrieb Theaterkritiken
und Reportagen für die Intellektuellen-Zeitschrift "Furche",
war Leitender Redakteur der Zeitschrift der Katholischen Studierenden
Jugend, spielte in Wiener Kellerbühnen und legte 1968 die Schauspielprüfung
ab. Danach ging es vier Jahre an das Landestheater Salzburg und anschließend
an das Renitenztheater Stuttgart. Hier begann auch die Zusammenarbeit mit
Mathias Richling. Daneben war ich auch noch Mitarbeiter beim Feuilleton
der "Stuttgarter Nachrichten". Für die damals neue Frühsendung
"Pop am Morgen" suchte der Süddeutsche Rundfunk genau zu dieser
Zeit Glossenschreiber. Ich schrieb, wurde gehört und vom Popmusikchef
Peter Mordo entdeckt. Danach moderierte ich im ersten und dritten Programm
gleichzeitig; aus dem ersten Programm ("Gut aufgelegt") flog ich
nach einem halben Jahr, weil ich Zirkus-Karten verlost hatte, was der
Rundfunkwerbung nicht behagte.
2. Wenn man sich an "Pop am Morgen" und auch an Ihre anderen
Sendungen erinnert, hat man den Eindruck, dass Sie inhaltlich einen nahezu
freien Gestaltungsspielraum hatten. War dem so und wie hat sich dieser
Gestaltungsspielraum dann über die Jahre hinweg – also auch im ersten
und im vierten Programm – entwickelt?
Der Gestaltungsspielraum ist dann immer groß, wenn man Erfolg hat.
Unser Popmusikchef Peter Mordo gehörte zu den immer seltener werdenden
charakterstarken Radiomenschen, die ihren Moderatoren den Rücken
freihalten. Von ihm, der lange Zeit in New York gelebt hatte, haben wir
alle viel gelernt. Heute geht der Trend zum zentralen Desk, von wo aus die
Programme gesteuert werden. Ich fühlte mich immer eher als Solist und
Einzelkämpfer, deswegen habe auch Angebote zur Festanstellung nicht
angenommen.
3. Ein völliges Novum war seinerzeit Ihre Sendung "Kunterfunk".
Wie kam es zu dieser Idee?
Weil ich damals wohl ziemlich beliebt war, bekam ich das Angebot für eine
eigene Radio-Show am Samstagabend. Sie sollte zuerst "Verdin" heißen, das
war mir aber zu viel Personenkult. Deswegen nannte ich die Show
"Kunterfunk". Für den "Kunterfunk" schrieb ich alle Texte selbst; unter
anderem auch die Geschichten von "Herrn Ernst". Beliebt war auch das "Fantadu-Spiel – Für alle, die mit
der Fantasie auf Du stehen". Da war vor allem die Kreativität der Hörerinnen
und Hörer gefragt. Peter Mordo lieferte das exquisite Musikprogramm für
den "Kunterfunk" (etwa Spike Jones). Harald Schmidt, der unlängst
beim "Satire Gipfel" gastierte, erzählte mir übrigens, auch er
habe seinerzeit den "Kunterfunk" sehr gerne gehört.
4. Die Musik auf Südfunk 3 war stets weniger "glattgebügelt"
als auf anderen vergleichbaren Wellen. Bewusst wurden Ecken & Kanten
im Programm gelassen. Konnten Sie sich mit diesem Musikformat
identifizieren?
Und ob! Ich hatte die Gelegenheit, viele Popmusiker zu interviewen,
unter anderem Mick Jagger oder Mark Knopfler in den Anfangsjahren der
"Dire Straits". Gentle Giant, Genesis, Ten Years After, aber
auch "Blood, Sweat and Tears", Frank Zappa, Supertramp und Queen
gehörten zu meinen Lieblings-Interpreten (die Liste ließe sich
fortsetzen…). Wir waren alle stolz, auf Südfunk 3 zu moderieren, weil
es ein in jeder Hinsicht sehr engagiertes Programm war mit großem
Informations-Angebot auch im Musik-Bereich.
5. Wie beurteilen Sie Jugend- und Formatwahn in der heutigen
Radiolandschaft? Ist dies der richtige Weg oder wird das "herkömmliche"
Radio irgendwann kaum mehr eine Rolle in der Medienlandschaft spielen?
Das Radio ist nach wie vor ein wichtiges Medium für Information und
Unterhaltung, wobei durch die Formatierung der Programme auf spezielle
Publikumsschichten die Vielseitigkeit verloren geht. Für den
Quoten-Erfolg wird heutzutage nur mehr im Mainstream geschwommen; dabei
steht es vor allem den Öffentlich-Rechtlichen gut zu Gesicht, wenn sie
auch Angebote abseits des Formats machen. In SWR 1 durfte ich längere
Zeit den Sonntagabend moderieren und mit Kulturangeboten bestücken: da
war dann auch mal eineinhalb Minuten Stockhausen bei den Donaueschinger
Musiktagen zu hören.
CD mit Gedichten und Musik (Peter Grabinger):
"Servus, Ihr Günter Verdin", Mons Records.
Bücher: "Gedichte und so heiter", Mons; "Auto rammt Pferd,
vom Tierarzt erschossen" (ein Taschenbuch mit den besten Stilblüten,
die mit dem "Goldenen Schreibmaschinenfarbband" ausgezeichnet
wurden (FACTOR-Verlag von Fred Breinersdorfer).
Der etwas andere Ratgeber: "Zum Glück! Keine Angst, das Leben will
nur spielen", 2008, Mons.
Günter Verdin führt Regie bei allen Bühnenproduktionen von Mathias
Richling, ist für die Inszenierung bei "Richling - Zwerch trifft
Fell" verantwortlich (SWR-Fernsehen) und ist zudem Mitarbeiter beim
"Satire Gipfel (ARD). Für 2010 plant er ein neues Bühnenprogramm
mit Mathias Richling und ein weiteres Buchprojekt mit dem Titel "Der
deutsche Schlager ist (nicht) tot!".
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