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          1979 bis 1989    

Eine Erhöhung der Rundfunk-Gebühren in Deutschland und die Möglichkeit, die stundenlangen Gastarbeiter-Programme auf die neue, vierte Senderkette zu verlegen, dienten als Basis: Am Montag, 01. Oktober 1979, konnte Südfunk 3 endlich als Vollprogramm auf Sendung gehen. Mit den Worten "Hier ist Südfunk 3, die neue Dauerwelle" begrüßte Moderator Günter Verdin die Hörer kurz nach 06.00 morgens zur Sendung 'Pop Corner'. Der Programmausbau betraf allerdings zunächst nur Montag bis Samstag, erst im März 1980 wurde auch der Sonntag angeglichen. Südfunk 3 sendete nun von 06.00 bis 24.00 Uhr ein durchstrukturiertes Programm, bei dem die Musik, Information und Service klar im Mittelpunkt standen. Hörfunk-Chef Friedmar Lüke gab im Oktober 1979 im Studio 11 den Startschuss.

Beim Sprecherwettbewerb 'Neue Talente für den Musikmarkt' belegte Michael Branik (re.) 1978 nur Platz 2. Doch Branik blieb als einziger Kandidat dem SDR/SWR bis heute erhalten.

'Bahn frei' für das Vollprogramm am 01. Oktober 1979 um kurz nach 06.00 Uhr morgens im Studio 11: (v.lks.) Gerd Pohle, Friedmar Lüke, Günter Verdin, Holger Arnold und Karl-Heinz Ungerer. 

Lüke skizzierte auch in der Hauszeitschrift des Süddeutschen Rundfunks das Profil des neuen Programms in einem einseitigen Artikel. Darin bezeichnete er das neue Südfunk 3 zwar als musikalisches 'Minderheitenprogramm', setzte dies aber nicht mit dem Begriff 'unpopulär' gleich: "Es hat sich nämlich gezeigt, dass auch die engagiertesten Befürworter eines solchen Programms ein Ohr für 'Ohrwürmer' haben und die internationalen Hits durchaus nicht verschmähen, wenn nur Text und Melodie und Interpretation bestimmten Ansprüchen genügen." Bei den Programm-Inhalten räumte Lüke der Aktualität höchste Priorität ein: sowohl bei Nachrichten und Verkehrsmeldungen als auch bei Berichten im laufenden Programm und im Bereich nützlicher Tipps jeglicher Art (Verbraucher-Infos, Buchbesprechungen etc.). Gesetzt wurden die inhaltlichen Schwerpunkte je nach Tageszeit: Morgens gab es vorwiegend aktuelle Informationen, den Vormittag dominierten Themen aus den Bereichen 'Verbraucher und Kultur'. Am Nachmittag standen Inhalte rund um die Musik im Mittelpunkt, bevor am frühen Abend noch einmal die Aktualität in den Vordergrund rückte. Nach 17.00 Uhr folgten schließlich die bewährte Jugendsendung 'Point' sowie musikalische Spezialprogramme. Den Abschluss eines jeden Sendetags bildete sodann nach 22.00 Uhr die reine Musik-Sendung 'Schlaf-Rock'.

Angesichts des neuen Programmschemas musste die Zahl der Moderatoren und Redakteure natürlich aufgestockt werden. Zu den bewährten Stimmen gesellten sich im Laufe der Zeit Namen wie Berthold Runge, Thomas Greulich, Wolf Renschke, Gerd Rüdiger, Friedemann Leinert, Matthias Holtmann, Stefan Siller, Wolfgang Heim, Michel Weber, Hans-Peter Archner, Michael Diestel, Susanne Lüdtke, Christiane Zielinski, Herbert Antl, Holger Arnold, Klaus Jost, Thomas Roth (heute Berlin-Korrespondent der ARD), Herbert Borlinghaus (schrieb zusammen mit Alfred Marquart den Frauenarzt von Bischofsbrück), Hermann Stange, Roland Ackermann und viele mehr. Neben den vielen magazin-ähnlichen Sendungen, die nun werktags gesendet wurden, war Südfunk 3 am Wochenende weiterhin für die Sportberichterstattung zuständig. Am Samstag um 19.00 rückte die Satire-Show 'Kunterfunk' mit Günter Verdin ins Programm, am Sonntag tauchte um 19.00 Uhr das 'Wunschkonzert exquisit' wieder auf.

Das dritte Hörfunkprogramm nannte sich zunächst noch 'Südfunk 3', später für kurze Zeit 'Die dritte Welle' und schließlich 'Radio 3 Südfunk Stuttgart'. Im April 1980 wurde auch das Programm am Sonntag an die werktägliche Struktur angeglichen: Von 09.00 bis 12.00 Uhr widmete sich die Sendung 'Schaufenster' jede Woche einem speziellen Thema. Zudem ging man hier musikalisch sehr eigenwillige Wege: Das Pop- und Rock-Format wurde pro Stunde mit zwei klassischen Titeln angereichert. Am frühen Sonntag Nachmittag bestand das Musikprogramm dann vorwiegend aus Hörerwünschen. Die letzte Lücke im einheitlichen Programmablauf schloss Radio 3 schließlich am 30. März 1981: Die regionalen Mittagsmagazine für Baden und Württemberg, die immer noch zwischen 13.00 und 14.00 Uhr ausgestrahlt worden waren, gingen nunmehr in der vierten Senderkette auf.

Der Gehalt an aktuellen Informationen wurde zum April 1983 weiter ausgedehnt. Die jeweils einstündige Sendung 'Radio 3 Aktuell' meldete sich nun gleich zwei Mal pro Tag. Um 17.00 Uhr rückte von Montag bis Freitag die 'Plattenpost' ins Programm. Hier wurden Musikwünsche ausgestrahlt, die die Hörer jeweils Vormittags mit persönlicher Ansage auf einen Anrufbeantworter sprechen konnten. 'Point' war bereits im Januar 1982 auf den Sendeplatz 18.00 bis 21.00 Uhr gerückt. Zum Januar 1984 wurde die angestammte Jugendsendung um eine Stunde gekürzt. Um 20.00 Uhr schloss sich nun der 'Club 20' an, der an jedem Werktag unter einem speziellen Motto stand (Dr. Music, Kultur, Film & TV etc.)

Etwas Eigenartiges tat sich dann zum 01. Januar des Jahres 1985. Zum einen gab man die Senderkennung 'Radio 3' auf, zum anderen verzichtete man plötzlich auf beinahe alle Namen der einzelnen Sendungen. "Von sechs bis Mitternacht: Pop, Infos, Unterhaltung, Service & Werbung" lautete nun das Motto des Programms, das sich wieder 'Südfunk 3' nannte. Lediglich 'Point' tauchte noch als spezieller Programmteil auf.  Eine erneute Programmkorrektur verkündete Herbert Borlinghaus, Wortchef von Südfunk 3, im Juni 1987 in der SDR-Hauszeitschrift. Dazu gehörte auch die Wiedereinführung von Sendungstiteln. Borlinghaus: "Auf vielfachen Wunsch der Hörerinnen und Hörer werden nun wieder begriffliche Fixpunkte die Programm-Orientierung erleichtern." Damit kehrten fast alle früheren Sendungsnamen wieder zurück, lediglich der Vormittag erhielt eine neue Struktur. 'Pop Corner' endete schon um 08.00 Uhr, die zweistündige Sendung 'Tip' schloss sich an. Zwischen 10.00 und 12.00 Uhr setzte man fort, was bereits zur 'namenlosen' Zeit begonnen worden war. Schon seit Januar 1985 hatte man am Vormittag stets einen mehr oder weniger prominenten Gast im Studio, mit dem sich der jeweilige Moderator 120 Minuten lang ausführlich unterhielt (natürlich unterbrochen von Musik). Das Programm lief bis Juni 1987 unter dem Arbeitstitel 'Gäste im Studio' und erhielt dann den offiziellen Namen 'Leute'. Das Konzept der extrem wort-lastigen Sendungen war übrigens zu Beginn stark in Frage gestellt worden und galt als äußerst gewagter Versuchsballon. Doch im Laufe der Jahre erlangte 'Leute' ungeahnte Popularität, die dazu führte, dass die Sendung nach dem Ende von SDR 3 ab 1998 auf SWR 1 Baden-Württemberg weitergeführt wurde und auch heute noch erfolgreich läuft. Zum 20-jährigen Jubiläum der Sendung erschien außerdem 2005 das Buch 'SWR 1 Leute'.

In den Achtzigern waren auf Südfunk 3 ab und zu auch mal Gastmoderatoren anderer ARD-Anstalten zu hören: Jürgen Domian (WDR) präsentierte sonntags die Deutsche Hitparade, Daniel Kovac (Bayern 3) moderierte den "Treff nach Zwei" und Annette Hopfenmüller (ebenfalls Bayern 3) steuerte eine Hörerwunsch-Sendung sowie eine Heavy-Metal-Show bei. 

'Südfunk ade?' hieß es im April 1988 in der SDR-Hauszeitschrift. Aus dem Südfunk wurde jetzt hochoffiziell der SDR - und aus Südfunk 3 damit natürlich SDR 3. Mit dem neuen Namen einher gingen wesentliche personelle Veränderungen: Hans-Peter Archner wurde neuer Wortchef, Matthias Holtmann war ab sofort federführend für die Musik verantwortlich. Beide zollten vor allem der zunehmenden privaten Hörfunk-Konkurrenz Tribut, verkürzten die Wortbeiträge und richteten die Musik kommerzieller aus.

Einen sensationellen Coup landete SDR 3 vom 14. bis 19. August 1989: Mehrere Tage lang moderierten ausschließlich Thomas Schmidt und Stefan Siller die Mega-Hitparade 'Top 1000x'. Und zwar rund um die Uhr. Diese Aktion war der Auftakt zu einem echten Kult, der sich nach dem Ende von SDR 3 auf SWR 1 Baden-Württemberg fortgesetzt hat. Mittlerweile ist jährlich während der Herbstferien im November eine Mega-Hitparade zu hören.

An dieser Stelle soll auch die Schilderung eines außergewöhnlichen Vorfalls im Jahre 1981 nicht fehlen. Wohl als Folge davon, dass sich Radio 3 häufig an eine eher links-alternative Hörerschaft richtete, glaubte eine Gruppe aus der Stuttgarter Hausbesetzerszene, das Programm als Plattform missbrauchen zu können. An einem Freitag Abend nach 22.00 Uhr verschaffte man sich gewaltsam Zutritt zum Sendestudio, wo Peter Kreglinger gerade den Schlaf-Rock moderierte. Die Parolen der Hausbesetzer, die verlesen werden sollten, gingen allerdings nie über den Sender. Der Sendetechniker hatte nach Rücksprache mit Kreglinger heimlich auf das ARD-Nachtprogramm umgeblendet, so dass das Studio SDR 3 vom Sendebetrieb abgetrennt war. Die Hausbesetzer bemerkten die ganze Sache erst, als sie zu ihren 'Kollegen' ins Funkhaus-Foyer zurückkehrten. Hier wartete bereits die Polizei.


Programmschemata der Achtziger


Technische Details zur Programmabwicklung

Das legendäre Logo von Radio 3 Südfunk Stuttgart (lks.). Das Design war für öffentlich-rechtliche Stationen zu dieser Zeit mehr als außergewöhnlich. Rechts dann eine ganz besondere Rarität: ein Radio 3 Poster mit den Original-Unterschriften der  Moderatoren (unter anderem Wolfgang Heim, Friedemann Leinert, Matthias Holtmann, Peter Kreglinger, Stefan Siller, Jaqueline Stuhler). Der Webmaster dieser Seiten erhielt das schöne Andenken im Anschluss an ein Fußballspiel gegen das SDR3 Team.

Persönliche Anmerkung des Autors: Zieht man eine Bilanz der Jahre 1979 bis 1989, fällt diese zunächst ausschließlich positiv aus. Wer glaubte, Südfunk 3 würde nach Einführung des Vollprogramms seine Musik und seine Inhalte 'begradigen', war glücklicherweise auf dem Holzweg. Das neue Vollprogramm, das zum 01. Oktober 1979 auf Sendung ging, bot tatsächlich noch mehr Möglichkeiten als bisher, aus dem damals gängigen Hörfunktrend auszubrechen. Und diese wurden von Südfunk 3 optimal genutzt. Nischen-Programme wie 'Schaufenster', 'Kunterfunk' oder 'Dr. Music' sind nur einige Beispiele dafür. Aber auch im Tagesprogramm hob sich Südfunk 3 weiterhin angenehm von den anderen 'Service-Wellen' in Deutschland ab. Ein Umbruch deutete sich erst an, als sich viele Mitarbeiter der 'alten Garde' aus dem Programm verabschiedeten. Hans-Peter Archner (Wort) und Matthias Holtmann (Musik) setzten ab 1988 deutliche Zeichen in Richtung kommerzielles Radio. Allerdings geschah dies bei SDR 3 immer noch gemäßigter als bei anderen öffentlich-rechtlichen Stationen. Und mit Sendungen wie 'Leute', 'Doppel-Point', 'Schlaf-Rock' oder der Mega-Hitparade 'Top 1000x' hatte man ja immer noch Elemente im Programm, die an die früheren Zeiten von Südfunk 3 erinnerten bzw. anknüpften. Schon damals stellte sich allerdings die Frage, in wie weit sich SDR 3 auch in den Neunzigern seine Individualität würde erhalten können.


Stefan Siller Hans-Peter Archner Matthias Holtmann Wolfgang Heim